Frauen-Literatur (Nicole Seifert)

In vielen gesellschaftlichen Bereichen herrscht noch immer ein Ungleichgewicht zwischen Mann und Frau. Die Welt der Literatur ist davon nicht ausgeschlossen, Begriffe wie Frauenliteratur oder Frauenroman sind nach wie vor allgegenwärtig, obwohl sie etikettieren und die Literatur von Frauen abwerten und pauschalisieren. Dass ein Pendant wie Männerliteratur gar nicht existiert, gibt da bereits zu denken. Wir kennen Goethe und Schiller, lesen in der Schule fast ausschließlich Werke von Männern, und das obwohl auch damals schon viele Frauen schrieben. In den Feuilletons werden vor allem Werke von Männern besprochen, sind es Frauen wird deren schriftstellerische Leistung nicht selten auffallend stark mit Privatem vermengt, wird Literatur als trivial und kitschig abgestempelt. Wieso gerieten so viele weibliche Autorinnen in Vergessenheit und inwiefern prägt das weibliche Erfahren von Gesellschaft die Inhalte der Werke von Autorinnen? Zählt wirklich nur die Qualität und wie entsteht ein Kanon?

In ihrem Buch Frauen-Literatur geht Literaturwissenschaftlerin Nicole Seifert diesen Fragen auf den Grund und schafft dabei ein wissenschaftlich fundiertes, spannendes und wahnsinnig wichtiges Werk, das ich von Anfang bis Ende heißblütig geliebt habe. Seifert gibt einen Überblick über Autorinnen der Literaturgeschichte, klärt auf darüber, wie diese wahrgenommen und vergessen wurden. Anhand von Studien legt sie dar, wie ungleich die Verteilungen auch heute noch in den Verlagsprogrammen, im Feuilleton sind, wie anders Werke von Frauen gewertet und besprochen werden und was für Themen diese Art Literatur bestimmen und wieso. Mich hat Frauen-Literatur vollends überzeugt, nicht nur schreibt Seifert gut verständlich, sie bringt auch zahlreiche Beispiele und Studien mit ein, regt zum Selberlesen und (Wieder)Entdecken von Autorinnen an und bringt nachvollziehbar Ungerechtigkeiten ans Licht, ohne dabei je reißerisch zu wirken. Für mich war das Lesen wirklich Bereicherung pur und die Leseliste im Anhang Anreiz für noch mehr Beschäftigung mit diesem so wichtigen Thema. Lest dieses Buch, egal ob Mann oder Frau!