Der Apfelbaum (Christian Berkel)
Als seine Mutter Demenz entwickelt, der Vater schon mehrere Jahre tot ist, beginnt sich Christian Berkel intensiv seiner eigenen, außergewöhnlichen Familiengeschichte zu widmen. Seine Mutter Sala, Tochter eines exzentrischen Anarchisten und einer polnisch-jüdischen Mutter, wird im Jahr 1919 geboren und lernt im Alter von 13 Jahren Otto, Christian Berkels Vater, kennen. Die Zeiten sind unruhig, aufgrund von Salas jüdischer Herkunft, darf das Paar nicht heiraten. Kurz nach Ottos Einberufung in den Krieg, flieht Sala aus Deutschland zuerst zu ihrer Mutter nach Spanien, später zu ihrer Tante, der Modedesignerin Lola nach Paris, wo sie eine Jugend voller Entwurzelung erlebt. Nicht nur wartet sie sehnlichst auf Ottos Rückkehr, auch hat sie im deutschen Soldaten Hannes einen Freund in Paris gefunden. Dann aber bricht für Sala ein neues Kapitel an und ihre Reise beginnt ein weiteres Mal.
Im Sommer hatte es mir Christian Berkels Roman Ada bereits sehr angetan, nun wollte ich auch dessen Vorgänger Der Apfelbaum lesen. Mir war zuvor gar nicht klar, dass die Bücher inhaltlich zusammenhängen, fand es aber sehr schön die Personen aus Ada nochmal aus einer anderen Perspektive kennen zu lernen. Berkel erzählt die Geschichte seiner Familie mit sehr viel Gefühl, Authentizität und Weitblick, dabei dreht sich die Handlung vor allem um Sala aber auch um deren und Ottos Familie. Das Buch erstreckt sich über mehrere Jahrzehnte, wobei das Zeitgeschehen von Berkel, ähnlich wie in Ada, mit viel Liebe zum Detail und glaubwürdig eingefangen wird. Auch die Passagen in der Gegenwart, die Schilderungen der Demenz der Mutter, haben mich sehr eingenommen. Mich konnten beide Bücher gleichermaßen überzeugen, nicht nur begeisterte mich Berkels Sprache, auch seine Fähigkeit Spannung aufzubauen und der Vergangenheit Tiefe und Gefühl zu verleihen, trugen dazu bei. Eine große Leseempfehlung.