Literatur Sachbuch

Herr Gröttrup setzt sich hin (Sharon Dodua Otoo)

Weil Frau Gröttrup in letzter Zeit immer mal wieder unaufmerksam ihre Aufgaben erledigt, hat Herr Gröttrup, 78 Jahre alt und Rentner vorsichtshalber acht Minuten in seinen Tagesplan einkalkuliert um das Tuen seiner Frau zu begutachten. Just heute kommt es zu einem seltsamen Vorfall: Das Ei, das Frau Gröttrup ihrem Mann wie jeden Tag 7½ Minuten lang fürs Frühstück kocht, ist noch weich. Ein Skandal. Hat das das Ei vielleicht extra getan?

Dürfen Schwarze Blumen malen? So heißt Odoos Klagenfurter Rede zur Literatur. In ihrer Rede geht sie auf die Großschreibung des Wortes Schwarz ein und die Zugehörigkeit einer Community, die es ausdrückt. Ihr Text handelt von der Macht der Sprache und der Möglichkeit über sie eine antirassistische Haltung einzunehmen.

Eine Sharon Dodua Otoo aus dem Jahr 2022 richtet sich an ihre jüngere Version, die gerade kurz davor ist den Ingeborg Bachmann Preis entgegenzunehmen und spricht mit ihr über die Entfernung zu ihren Eltern.

Mit ihrem Text Herr Gröttrup setzt sich hin hat Sharon Dodua Otoo 2016 den Ingeborg Bachmann Preis gewonnen. Ich gebe es nicht gerne zu, aber so 100% habe ich nicht begriffen, was mir die kurze Geschichte sagen soll, auch, wenn ich Otoos Sprache als sehr originell und humorvoll empfand und ihr Spiel mit erzählerischen Grenzen (hier lässt sie das Ei zum Erzähler werden), wie schon bei Adas Raum sehr genoss. Vielleicht mag mich jemand bezüglich der Message aufklären? Ihrer Rede Dürfen Schwarze Blumen malen? und dem Text Härtere Tage hingegen konnte ich da inhaltlich mehr abgewinnen. In Dürfen Schwarze Blumen malen? überzeugten mich Sprache und Aufbau sehr, Otoo schreibt spielerisch, analysiert und reflektiert aber messerscharf. Die Themen, die sie anspricht, die Macht von Sprache, die Bedeutung von Repräsentation, Diversität und intersektionalen Verbindungen, halte ich allesamt für hochaktuell und wichtig. Der dritte Text Härtere Tage ist persönlicher Natur. Otoo schreibt über das Verhältnis zu ihren Eltern, darüber wie ihre Bildung und ihre
rassismuskritische Arbeit die Entfernung zu den Eltern wachsen ließ. Durch die Präzision und Einfühlsamkeit, die das hier Geschriebene aufweist, wurde die Situation der Autorin für mich dabei sehr greifbar. Ich habe diese sehr kurze, sehr intelligent verfasste Lektüre zweimal gelesen, Texte zum nebenbei weglesen sind Otoos definitiv nicht. Nummer 2 und 3 fand ich sehr interessant, bei Nummer 1 kann ich es schwierig beurteilen.
Vielen Dank an @sfischerverlage für das Rezensionsexemplar.