So forsch, so furchtlos (Andrea Abreu)
Die namenlose Erzählerin ist zehn Jahre alt und lebt mit ihrer Familie im Norden Teneriffas, zwischen den Vulkanen, weit ab vom Schuss und den Touristen. Ihre beste Freundin ist die furchtlose, freche Isora, die bei Oma und Tante aufwächst, weil ihre Mutter bereits gestorben ist. Es ist Sommer und die Ferien getränkt von Langeweile. Die Erwachsenen interessieren sich nur bedingt für die beiden Mädchen, keiner will sie zum Meer fahren und so vertreiben sich die Freundinnen die Zeit am Kanal, mit Barbie Spielen, dem aufregenden Rubbeln der „Mimis“ und heimlichem Chatten im Computerkurs. Doch in diesem Sommer wird die Kluft zwischen ihnen größer. Während Isora bereits ihre Tage hat, sich für Jungs interessiert und ihre sexuellen Grenzen austestet, fühlt sich die Erzählerin von ihrer sich verwandelnden Freundin gleichzeitig abgestoßen und angezogen. Schmerzvoll muss sie erkennen, dass sie Isora nicht mehr überallhin folgen will…
Der Titel So forsch, so furchtlos passt wirklich wie die Faust aufs Auge zum Debutroman der jungen Autorin Andrea Abreu. Nicht nur inhaltlich, sondern auch sprachlich ist diese Geschichte forsch, krass und bis zum Schluss absolut eindringlich. Aus der Sicht der namenlosen Ich-Erzählerin werden die Sommermonate geschildert, in denen diese und ihre beste Freundin Isora an der Schwelle zur Pubertät stehen. Die Langeweile und Neugierde der Mädchen, ihr Bedürfnis danach die Grenzen ihrer eng umrissenen Welt zu übertreten und sich selbst neu zu entdecken, wurden für mich genauso greifbar wie die ambivalenten Gefühle der Erzählerin, die zwischen tiefer Liebe zu Isora und der wachsenden Irritation über Isoras schnelleres Heranwachsen hin und her pendeln. Die teils echt vulgäre Sprache der Figuren und ihre ersten sexuellen Experimente wirken heftig, schienen mir insgesamt aber nicht zu weit hergeholt oder überladen. Stimmig hierzu mutet Abreus Sprache intensiv, schonungslos und direkt an. Ein ungewöhnlicher, teils verstörender Roman, den ich allen sehr ans Herz lege, die nicht zu zart besaitet sind.