Pfaueninsel (Thomas Hettche)
Ende des 18. Jahrhunderts beginnt der preußische König Wilhelm II. damit einen Plan in die Tat umzusetzen. Die kleine Pfaueninsel, die inmitten der Havel liegt, soll in einen exotischen Gartenpark mit Schloss und Meierei verwandelt werden. Von da an wird die Insel zum beliebten Sommerort der Königsfamilie. 1806 kommt das Mädchen Marie mit ihrem Bruder Christian auf die Insel, die Geschwister sind kleinwüchsig und sollen mit ihrem zwergenhaften Aussehen das Märchenhafte der Pfaueninsel verkörpern. Marie wächst bei der Familie des Hofgärtners Ferdinand Fintelmann auf und kommt in ihrer Rolle als Schlossfräulein dem Adel hautnah, ohne je dazuzugehören. Über die Jahre erlebt sie wie sich die Insel verändert, wie Kängurus, Löwen und menschliche „Exoten“ von überall herangeschifft werden, wie geliebte Menschen kommen und gehen. So auch Gustav, der Sohn des Gärtners, der in Marie mehr zu sehen scheint als das „Monster“, als das sie eins von Königin Luise betitelt wurde…
Mein Wissen über den preußischen Adel und die Pfaueninsel im speziellen hielt sich sehr in Grenzen und ich musste mich erst einmal richtig auf Thomas Hettches Roman einlassen, bevor ich so richtig in die Geschichte abtauchen konnte. Hettche schreibt sehr detailreich und anschaulich, hat sich im Stil aber auch etwas der Zeit angenähert, über die er schreibt, was ich stellenweise ein wenig anstrengend zu lesen fand. Mit der Handlung an sich und den spannenden historischen Hintergründen konnte Hettche mich aber absolut abholen und dass gerade Marie Strakon, übrigens ebenfalls eine belegte historische Persönlichkeit, in den Fokus von Pfaueninsel gerückt wird, halte ich für eine geschickte Entscheidung Hettches. Ihre Perspektive empfand ich als sehr nahbar und mit viel Feingefühl ausgestaltet, ihre Beziehungen zu den anderen Bewohnern der Insel und zu Christian wurden, auch in ihrer Entwicklung über die Jahrzehnte hinweg, nachvollziehbar. Für mich war dieser Roman eine gelungene Mischung und etwas Besonderes, ein Buch das Spannung, Gefühl und historischen Kontext gelungen vereint.