Historischer Roman

Judith und Hamnet (Maggie O’Farrell)

Als Agnes den Lateinlehrer ihrer Brüder zum ersten Mal sieht, weiß sie, dass er der Eine ist. Schnell finden die beiden zueinander, zeugen ein Kind, damit niemand ihnen die gemeinsame Hochzeit verbieten kann und ziehen schließlich zu Williams Familie: In das Haus des Handschuhmachers nach Stratford-upon-Avon. Hier folgen auf die Tochter Susanna wenige Jahre später die Zwillinge Judith und Hamnet. Doch William fühlt sich unter dem herablassenden Auge des Vaters eingeengt und sehnt sich danach auszubrechen. Unterwegs in London zieht es ihn immer stärker zum Theater und was mit ein paar Stücken beginnt, wird bald zu einer echten Karriere. Währenddessen weilt Agnes mit den Kindern in Stratford, wartet auf die Rückkehr des Ehemanns und muss sich mit den Schwiegereltern arrangieren, die ihr immer wieder das Gefühl geben, nicht willkommen zu sein. William ist noch immer in London, als Agnes eines Tages den schwarzen Tod in den Augen ihrer Tochter erkennt…

Maggie O‘ Farrells Roman Judith und Hamnet hat mir sehr gut gefallen. Das Buch bewegt sich auf zwei Zeitebenen, zum einen wird in der „Gegenwart“ beschrieben, wie Agnes gegen die Pest ankämpft, während ihr Mann in London weilt, zum anderen wird die Kennenlern-Geschichte von William und Agnes beschrieben, die sich entgegen der gesellschaftlichen Erwartungen füreinander entscheiden und diese Entscheidung immer wieder verteidigen müssen. Die Zeit, in der dieser Roman angesiedelt wird, das Ende des 16. Jahrhunderts, fand ich höchst interessant und von der Autorin sehr authentisch beschrieben. Auch fand ich es toll, dass hier eher wenig auf William Shakespeares Werdegang eingegangen wird, sondern das ganz deutlich seine Frau, die starke und einzigartige Agnes und deren Kinder im Vordergrund stehen. Die Art und Weise wie Maggie O‘ Farrell die Beziehungen innerhalb der Familie und die Gefühlswelten der Figuren zum Leben erweckt hat mich tief berührt und mitgerissen. Mein einziger kleiner Kritikpunkt ist, dass ich punkto Spannung noch etwas Luft nach oben sehe. Ein interessanter, bewegender Roman über die Familie des berühmten Dramatikers.