Was ich euch nicht erzählte (Celeste Ng)
Es ist der Morgen des 3. Mai 1977 und die sechzehnjährige Lydia Lee kommt nicht zum Frühstück. Ungeduldig warten ihre Eltern James und Marilyn, sowie die beiden Geschwister Nathan und Hannah auf die Teenagerin, doch als Marilyn nach Lydia sieht, ist ihr Zimmer leer, das Bett unberührt. Lydia ist verschwunden. Nach einer intensiven Suche hat die Familie bald die traurige Gewissheit: Lydia ist tot. Ihre Leiche trieb auf dem Grund des nahegelegen Sees. Doch wie konnte dieses tragische Unglück passieren? Hat jemand Lydia hinaus gelockt und ermordet? War es Selbstmord, wie die Polizei vermutet? Aber Selbstmord? Das können sich Marylin und James nicht vorstellen, wo Lydia doch so gut in der Schule, so vielseitig interessiert war. Sie hatte doch so viele Freunde, war von den Mitschülern trotz ihrer chinesischen Herkunft in deren Mitte aufgenommen worden und hatte im Gegensatz zu James, ihrem Vater, nie Erfahrungen mit Rassismus machen müssen, jedenfalls hatte sie davon nie erzählt. Während Marilyn und James versuchen zu verstehen, was am Tag von Lydias Tod geschehen ist, verfolgt Nath eine eigene Spur. Für ihn ist klar, dass Jack, der Nachbar der Lees etwas mit Lydias Tod zu tun haben muss, immerhin hatte Lydia den ganzen Frühling mit ihm verbracht…
In meinen Augen ist Was ich euch nicht erzählte ein absolut bewegender, spannender und sehr vielschichtiger Roman. Ich habe das Buch in wenigen Stunden verschlungen, weil ich unbedingt weiterlesen musste und erfahren wollte, was oder wer hinter Lydias Tod steckt. Celeste Ng hat eine einzigartige Gabe dafür komplexe familiäre Strukturen authentisch darzustellen und allen Figuren einen nachvollziehbaren, interessanten Hintergrund zu geben, was mir auch schon bei „Kleine Feuer überall“ sehr gefallen hat. Hinzu kommt ihr sehr gefühlvoller und detailverliebter Schreibstil, der einen als Leser mitten ins Geschehen eintauchen lässt und eine Verbindung zu den Figuren möglich macht. Zum Glück habe ich bisher selber keine Berührungen mit Rassismus machen müssen, kann mir aber vorstellen, dass die Erfahrungen der Figuren mit dem ständigen Alltagsrassismus, glaubwürdig dargestellt wurden. Dass dieses leider stets aktuelle Thema Einzug in den Roman fand, hat mir gut gefallen und mich sehr nachdenklich gestimmt. Die Mischung aus Spannungs- und Familiengeschichte hat mich total abgeholt und sehr berührt, so, dass ich euch Was ich euch nicht erzählte absolut ans Herz legen kann.