Literatur

Fake Accounts (Lauren Oyler)

Als eine junge Frau das Handy ihres Freundes durchforstet, macht sie eine irritierende Erkenntnis: Felix, der coole Typ, den sie wenige Jahre zuvor bei einem Trip nach Berlin kennenlernte, betreibt einen Instagram Account mit tausenden Followern, auf dem er Verschwörungstheorien verbreitet. Schon vor der Enthüllung war sie sich über den weiteren Verlauf der Beziehung unschlüssig, jetzt ist klar, dass ihre gemeinsame Zeit abgelaufen ist. Noch bevor sie dazu kommt mit Felix Schluss zu machen, stirbt dieser jedoch bei einem Unfall. Die Nachricht von Felix Tod stürzt die junge Frau in eine Krise. Wer war dieser Mann, den sie zwar mal mochte, aber offenbar nie wirklich kannte? Wie um ihn trauern? Ohne großen Plan zieht sie von Brooklyn nach Berlin, wo sie in einer WG einzieht. Bei Dates und Gesprächen mit neuen Bekanntschaften verleiht sie sich immer wieder andere Identitäten und erfindet sich neu und neu und neu…

Fake Accounts beginnt mit der Entdeckung der namenlosen Ich-Erzählerin, anschließend begleitet man diese auf ihrer etwas chaotischen, etwas verzweifelten Suche nach sich selbst. Lauren Oylers Protagonistin war für mich keine Sympathieträgerin und bot nur bedingt Identifikationspotential. Sie spielt mir ihrer Umgebung, mitunter auch mit dem Leser selbst, wirkt dabei durchweg etwas ziellos und traurig, hat aber auch Humor und ganz besonders: eine selbstironische, messerscharfe und kritische Beobachtungsgabe, mit der sie Gesellschaftstrends und die Sozialen Medien immer wieder indirekt auf die Schippe nimmt. Ich kam nicht ganz so gut in die Geschichte hinein, musste mich an den Erzählstil gewöhnen, der im Ton stets klar und treffend, in der Struktur aber stellenweise fragmentiert und ausufernd daher kommt. Auch, wenn es mir insgesamt etwas an Handlung fehlte, wurde Fake Accounts besser, je weiter ich kam. Immer öfter erkannte ich mich wieder, auch fand ich die Verwandlungen der Erzählerin zunehmend spannend und richtig interessant. Ein Buch, das anders und trotz kleinerer Kritikpunkte definitiv einen Blick wert ist.