Die Überlebenden (Alex Schulman)
Bald zwanzig Jahre ist es her, dass Benjamin das Sommerhaus seiner Eltern zum letzten Mal gesehen hat. Jetzt ist er wieder hier, an der Seite seiner Brüder Pierre und Nils, mit denen er gemeinsam die Asche der gemeinsamen Mutter verstreuen will. Doch das Sommerhaus lässt keine glücklichen Gefühle aufleben: Erinnerungen an die harte Kindheit kehren zurück, der ständige Streit mit den Brüdern, das unermüdliche Buhlen um die seltsam ambivalente Aufmerksamkeit und Zuneigung der Eltern. Die Jahre haben Spuren hinterlassen, die Brüder fühlen sich einander fern wie nie zuvor. Sie alle haben eigene Arten und Wege gefunden, mit dem umzugehen, was ihnen in der Vergangenheit widerfahren ist. Doch gibt es Hoffnung darauf, noch einmal zueinander zu finden, sich jetzt, wo die Eltern nicht mehr da sind, von den Fesseln der Kindheit zu befreien und über das zu sprechen, was in ihrem letzten gemeinsamen Sommer am Sommerhaus geschah?
Was mir an Die Überlebenden sofort auffiel war die sehr düstere Stimmung, die diesen Roman von Anfang bis zum Ende beherrscht. Die Geschichte wird in zwei Strängen erzählt, einmal wird rückwärts der Tag beschrieben, an dem die Brüder noch einmal zum Sommerhaus zurückkehren, der andere Strang erzählt Episoden aus der gemeinsamen Kindheit. Als Leser wird man sofort in die Geschichte und ihr Unbehagen hinein geworfen, einzelne Szenen haben mich dabei wahrlich schockiert (Stichwort See, Fisch) und sehr berührt. Auch, wenn es mir leider etwas schwer fiel mich in die Figuren hineinzuversetzen, faszinierte mich deren tiefgehende und irgendwie distanzierte Darstellung auf der anderen Seite auch. Schulman konnte den Spannungsbogen in meinen Augen bis zum Ende halten und taucht die gesamte Handlung mit einem Twist zum Ende des Buches in ein gänzlich neues Licht, das war spannend und für mich überraschend. Ich kann den Roman guten Gewissens weiterempfehlen, auch, wenn mir zum Highlight noch ein Quäntchen Identifikationspotential fehlte.