Tell (Joachim B. Schmidt)
Wilhelm Tell ist Bergbauer und lebt mit seiner Mutter, der Schwiegermutter, seiner Frau Hedwig und den drei Kindern auf dem gleichnamigen Tellenhof. Die Beziehung zu seiner Frau und den Kindern ist schwierig, so war diese zuvor eigentlich mit Wilhelms Bruder Peter verheiratet, der jedoch bei einem Unfall in den Bergen ums Leben kam. Wilhelm ist temperamentvoll und lässt sich auch vom neuen Landvogt Gessler nicht beeindrucken, mit dessen Männern er immer wieder aneinander kommt. Als Wilhelm verweigert, sich vor dem von Gessler aufgestellten Hut im Dorf zu verneigen, droht man ihm mit dem Tod. Der einzige Ausweg: Er soll einen Apfel vom Kopf seines Sohnes Walters schießen, ansonsten sterben nicht nur er sondern auch das Kind. Obwohl Wilhelm das Unfassbare gelingt und er mit dem Apfelschuss bei den Menschen zur Legende wird, ist jener Erfolg noch lange nicht das Ende seiner Reise…
Spätestens seit Friedrich Schillers Dramenversion der schweizerischen Tell Sage, ist diese überregional bekannt. Joachim B. Schmidt verarbeitet den Stoff dieses Klassikers in seinem neuesten Roman allerdings zu einem vielperspektivischen, spannenden Pageturner, der viel mehr über seine Figuren preisgibt, als man vorher zu ahnen wagt. Viele, viele kurze Kapitel zählt dieses knapp 300 Seiten fassende Werk und darin kommen nicht nur Wilhelm selbst, sondern auch Walter, Hedwig, die Großmütter, Gessler, der Pater und zahlreiche andere Figuren zu Wort. Diese Perspektivenwechsel machten mir richtig Spaß und bringen Themen und Sichtweisen ans Licht, die in der ursprünglichen Version fehlen. Die ein oder andere Figur hat Geheimnisse und versteckte Beweggründe für ihr Handeln, die Wilhelms Tell Heldentaten fast in den Hintergrund treten lassen. Joachim B. Schmidt schreibt zwar flüssig und leicht, die Sprache passte aber trotzdem auch gut in die Handlungszeit. Ich konnte Tell innerhalb kürzester Zeit beenden und wurde beim Lesen durchweg gut unterhalten. Eine spannende, erfrischend andere Darstellung des Tells, den viele von euch noch aus der Schulzeit kennen müssten. Empfehlung!