Literatur

Neujahr (Juli Zeh)

Henning ist zufrieden mit seinem Leben. Er hat einen Job, der ihn erfüllt und in Theresa eine Partnerin gefunden, mit der er sich meistens noch immer gut versteht. Dazu kommen die beiden Kinder, die er so sehr liebt. Trotzdem stimmt etwas nicht, das spürt Henning seit einer Weile immer stärker, insbesondere seit der Geburt seiner jüngsten Tochter. Denn da sind die unaussprechlichen Attacken, die ihn immer öfter aus dem Nichts überkommen und ihm Todesängste bereiten. Im neuen Jahr soll alles anders, alles besser werden, mehr Sport, mehr Mut, mehr Zeit für die Familie. Die Familie macht über Silvester Urlaub auf Lanzarote und Henning macht sich am Neujahrsmorgen mit einem Fahrrad auf die steile und steinige Strecke zum Dorf Femés auf. Auf dieser Reise versucht er zu ergründen, wo seine Ängste ihren Ursprung haben und kommt dabei einem unfassbaren Geheimnis auf die Spur, das deutlich macht, wie sehr die Vergangenheit die Gegenwart bestimmt.

Juli Zehs Roman Neujahr durfte ich gemeinsam mit @mybellelibrary und @fuchsmaedchenliest lesen und wir waren gleichermaßen beeindruckt von der Sogkraft dieses dünnen, 190 Seiten fassenden Romans. Juli Zeh beweist hier erneut ihr Feingefühl für die Darstellung der menschlichen Psyche und der Dynamiken zwischen Figuren. In Henning konnte ich mich sehr schnell sehr gut hineinversetzen, als Panikattacken Patient empfand ich die Schilderungen der Attacken als genauso authentisch, wie Hennings verzweifelte Frage nach dem Warum? Die Handlung spielt sich im zweiten Teil des Romans größtenteils in der Vergangenheit ab. Spätestens hier war ich völlig gefangen von der so unmittelbaren Darstellung der kindlichen Perspektive. Selten habe ich mich beim Lesen so beklemmt gefühlt, hatte ich so sehr das Bedürfnis schnell weiterzulesen. Auch das Ende des Romans gefiel mir sehr und bewies erneut Tiefe. Ein Buch, das heftig und sanft zugleich ist und mich damit vollends fesselte. Allerdings nichts für schwache Nerven!