Kukolka (Lana Lux)
Sieben Jahre ist Samira alt, als sie aus dem ukrainischen Waisenhaus abhaut, indem sie ihr bisheriges Leben verbracht hat. Ihr Ziel: Deutschland, wo ihre ehemals beste Freundin Marina bei einem Ehepaar untergekommen ist. Am Bahnhof aber wird sie von Rocky aufgelesen, einem charismatischem, jungen Mann, der ihr ein sicheres Zuhause verspricht. Samira willigt ein und findet sich bald in einer heruntergekommenen Bruchbude wieder, in der Rocky mit sechs weiteren Kindern haust. Immerhin hat sie hier einen Job, das tägliche Betteln und Klauen am Bahnhof, außerdem bekommt sie warmes Essen und wird von der 15-jährigen Lydia und den anderen Kindern bald unter ihre Fittiche genommen. Für Rocky ist Samira seine Kukolka (Püppchen), keiner kann dem jungen Mädchen mit ihren strahlenden Augen widerstehen, auch er selbst nicht. Und so, muss Samira, als sie älter wird, nicht mehr nur betteln, sondern auch als Objekt der Begierde hinhalten. Alles um ihr Traum nach Freiheit ein bisschen näher zu kommen.
Lana Lux’ Roman Kukolka ist harte Kost, anders kann man es nicht sagen. Themen wie sexueller Missbrauch, Gewalt und Ausbeutung sind hier sehr präsent und werden schonungslos dargestellt. Die Geschichte wird aus der Perspektive von Samira erzählt, deren Weltsicht, besonders zu Beginn, sehr naiv ist. Es ist sowohl erschreckend als auch wahnsinnig bewegend, mitzuverfolgen wie sie heranwächst und wie Dinge, über die ich kaum nachdenken kann, für sie zur Selbstverständlichkeit werden. Auch wenn die ganze Geschichte, die bei Rocky im Übrigen nur ihren Anfang nimmt, mich wirklich mitgenommen hat, halte ich Kukolka für absolut lesenswert und authentisch. Samiras Geschichte hat mich berührt, gefesselt und zum Nachdenken gebracht, was auch an Lux‘ intensivem, packenden Schreibstil liegt. Ich war so mittendrin, dass ich oft das Bedürfnis hatte Samira einfach in die Arme zu schließen. Auch ist dieses Thema, wenn auch hart zu lesen, wichtig und für manche Menschen leider die bittere Realität. Ich werde diesen Roman so schnell nicht vergessen und kann ihn absolut weiterempfehlen.