Kalmann (Joachim B. Schmidt)
Kalmann Òðinnsson lebt, seit er denken kann, im kleinen isländischen Fischerdorf Raufarhövn. Bei den Leuten im Dorf ist er als der selbsternannte Sheriff bekannt, mit seinem Sheriffstern und dem passenden Hut hält er die Stellung und sorgt dafür, dass sich niemand Sorgen machen muss. Dass Kalmann ein bisschen anders ist, dass die Räder in seinem Kopf manchmal rückwärts laufen, wissen und respektieren hier alle. Eines Tages aber wird alles anders, denn als Kalmann gerade auf der Jagd nach Polarfüchsen ist, entdeckt er eine Blutlache im frischen Schnee. Kurz darauf wird der Unternehmer Róbert McKenzie vermisst. Die Polizei, die das Dorf mit einem Mal bevölkert, geht Kalmanns Hinweisen zwar nach, kann aber nur Blut und keine Leiche entdecken. Raufarhövn ist vor ein Rätsel gestellt und auch nach intensiver Suche bleibt Róbert verschwunden. Kann Kalmann mit seiner naiven Weisheit den Fall lösen und seinem Ruf als Sheriff gerecht werden?
Kalmann von Joachim B. Schmidt lässt sich schwierig mit anderen Büchern vergleichen. Die Geschichte über den liebenswerten Außenseiter Kalmann liest sich ein wenig wie ein Krimi, ist aber auch so viel mehr. Schmidts Schreibstil gefiel mir von Anfang an sehr gut, er hat es geschafft mir seinen so eigenen Protagonisten nahe zu bringen und Kalmanns Gedanken- und Gefühlswelt für mich nachvollziehbar zu machen. Ich wurde durchweg gut unterhalten, die Dynamik der Dorfbewohner untereinander und die Art und Weise, wie sie mit Kalmann umgehen, beschreibt Schmidt mit viel Fingerspitzengefühl und einer idealen Prise trockenem Humor. Raufarhövn steht hier als Beispiel für viele kleinere Fischerdörfer, die bei der Quotenfangverteilung als Verlierer hervorgegangen sind und deren soziale Strukturen und Einwohnerzahlen bedauerlicherweise immer mehr schrumpfen. Das Aufgreifen dieses Themas fand ich ebenfalls interessant. Für mich war Kalmann eine positive Überraschung und ein warmherziger, kurzweiliger Roman, der mich zum Nachdenken anregte.