Fragen, die mir zum Holocaust gestellt werden (Hedi Fried)
Die heute 96-jährige Hedí Fried wurde im Jahr 1924 im rumänischen Sighet geboren. 1940 fiel das Gebiet in ungarische Hände und die antisemitischen Gesetze traten in Kraft, unter denen vor allem die jüdischen Bürger litten. Bis 1944 hatte Deutschland die ungarische Regierung soweit unter Druck gesetzt, dass diese ihre jüdischen Bürger schließlich „auslieferten“. Mit ihrer Familie kam Hedí Fried erst in ein Ghetto, anschließend wurde sie ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert, wo sie sie von ihren Eltern getrennt wurde, die sie nie wieder sehen würde. Gemeinsam mit ihrer Schwester Livi überlebte sie die KZs Auschwitz und Bergen-Belsen und konnte 1945 nach Schweden emigrieren, wo sie bis heute lebt und Vorträge an Schulen hält. Die, bei solchen Vorträgen am häufigsten gestellten Fragen, beantwortet sie in diesem Buch. Sie lauten beispielsweise: Was war das Schlimmste, was Sie je erlebt haben? Wie war es im Lager zu leben? Gab es Zusammenhalt im Lager? Gab es auch nette SS-Soldaten? Glauben Sie an Gott? Hatten Sie Angst vor dem Tod? Wie sehen Sie die Zukunft?
Hedí Fried beantwortet in ihrem ca. 155 Seiten langen Buch insgesamt 46 Fragen zu ihren Erfahrungen während des Holocausts. Ausnahmslos jede dieser Frage-Antwort Päckchen fand ich interessant, wichtig und tief bewegend zu lesen. Man erfährt hier nicht nur etwas über das Leben im KZ, sondern auch über die Befreiung, die Emigration und die späteren Begegnungen der Autorin mit Antisemitismus. Hedí Frieds Schreibstil ist gefühlvoll, flüssig und leicht verständlich. Sie kommt bei der Beantwortung der Fragen schnell auf den Punkt, ohne dabei den emotionalen Aspekt und ihre ganz individuellen Gedanken zu vernachlässigen. Dadurch bekommt man als Leser schnell einen Zugang und erhält einen umfangreichen, authentischen Einblick in das Leben dieser bemerkenswerten Frau. Obwohl ich bereits andere Berichte und Biographien zum Thema gelesen habe, erfuhr ich hier noch einiges, das ich vorher nicht gewusst hatte. Frieds sehr persönliche, reflektierte Art des Erzählens hat mir gut gefallen. Für mich ein sehr bewegendes, stets aktuelles und wichtiges Buch, das ich als „Must read“-Lektüre zum Thema sehe.