Literatur

Ein simpler Eingriff (Yael Inokai)

Meret ist Mitte zwanzig und arbeitet als Krankenschwester in der neurochirurgischen Station eines Krankenhauses. Sie mag ihren Job und die Verantwortung, die sie trägt. Bei dem neuartigen Eingriff, der immer populärer wird und der den Patienten, vor allem sind es Patientinnen, ein neues, besseres Leben verspricht, ist es Merets Aufgabe, während der am offenen Gehirn stattfindenden OP, auf ihre Schützlinge Acht zu geben und deren Vitalwerte zu überprüfen. Meret ist stolz darauf, Teil des Verfahrens zu sein, und somit gegen psychische Leiden, Wut und negative Neigungen angehen zu können. Dann begegnet sie Sarah, ihrer neuen Mitbewohnerin im Wohnheim. Sarah arbeitet in einer anderen Station des Krankenhauses und betrachtet die Neurochirurgie skeptischer als Meret. Während sich die beiden Frauen zunehmend näher kommen, entstehen auch bei Meret Zweifel ob das „bessere Leben“, das sie ihren Patientinnen verspricht, wirklich existiert.

Bei Ein simpler Eingriff handelt es sich um einen dystopisch angehauchten Roman. In Merets Welt beginnt sich der Eingriff, bei dem Gehirnareale, die für Wut oder Traurigkeit zuständig sind, abgeklemmt werden, in der Öffentlichkeit zu etablieren. Diese Vorstellung fand ich insbesondere so interessant, weil sie nur Millimeter von der Realität entfernt zu sein scheint und somit umso eindrücklicher und beängstigender auf mich wirkte. Sehr gut gefallen hat mir, dass sich Meret, und auch Sarah, trotz der leicht surrealen Kulisse wie zwei echte und glaubhafte Frauen anfühlten. Ich konnte somit schnell eine Verbindung zu den Figuren aufbauen und wurde von deren (Liebes)geschichte emotional abgeholt. Yael Inokai schreibt äußerst gefühlvoll und vielmehr unaufgeregt. Anstatt großer Revolten, gibt es hier Entwicklungen auf kleiner Ebene, die für mich nachvollziehbar waren und eigene Gedankengänge bei mir anstießen. Etwas schade fand ich hier schlichtweg, dass der Roman nur knapp 200 Seiten umfasst, gerne hätte ich noch mehr über die Kontexte und Hintergründe erfahren. So bleibt man aber in einem recht begrenzten Raum, wenn auch das seinen Reiz hat.