Historischer Roman Literatur

Der Flussregenpfeifer (Tobias Friedrich)

Der 1907 geborene Oskar Speck wird im Zuge der Weltwirtschaftskrise 1928 arbeitslos und kann sich, genau wie sein bester Freund Karol, finanziell nur noch mühsam über Wasser halten. Als er von den aussichtsreichen Arbeitsplätzen in den Kupferminen von Zyperns hört, beschließt Oskar, mit seinem Faltboot, genannt Sonnenschein, bis zu der verheißungsvollen Mittelmeerinsel zu fahren. Von Ulm aus beginnt er im Mai 1932 seine Reise auf der Donau, mit fünf Metern Boot und Proviant für wenige Tage. Als die deutsche Regierung durch Karol von Oskars Plänen erfährt, keimt in diesen die Idee, Oskar und sein außergewöhnliches Vorgehen für Propagandazwecke zu verwenden, doch dieser will von den Nazis nicht zum deutschen Helden gemacht werden. Specks Reise wird sieben Jahre andauern und weit über Zypern hinausgehen. Als er 1939 mit seinem Boot Australien erreicht, geht er in die Geschichtsbücher ein.

Dass es Oskar Speck wirklich gab und er tatsächlich die unfassbare Faltbootreise von Ulm nach Australien bestritt, machte mich wahnsinnig neugierig auf den Roman von Tobias Friedrich. Ich empfand Friedrichs Schreibstil als sehr angenehm zu lesen und bekam über das Buch zahlreiche authentische Eindrücke über die damalige Zeit, die politischen Umwälzungen und die verschiedenen Länder und Kulturen, die Oskar Speck entlang seiner außergewöhnlichen Route entdeckte. Etwas anstrengend fand ich aber die Struktur des Romans, der, insbesondere am Anfang, etwas diffus zwischen verschiedenen Zeitebenen und Figuren hin und her springt. Dadurch gerieten Speck und seine Reiseerlebnisse zu stark aus dem Fokus, er als Person wurde für mich nicht so gut greifbar, wie ich es mir erhofft hatte, und einzelne Nebensträngr offenbarten sich mir in ihrer Bedeutung für die Gesamthandlung nur in Ansätzen. Mit Gili Baum, der Begleiterin Specks, hat Friedrich allerdings eine tolle, starke Frauenfigur erschaffen, die den Roman in meinen Augen sehr bereicherte. In meinen Augen hätte das Buch das Potential dieser historischen Begebenheit noch stärker ausschöpfen können.