Die Teilacher (Michel Bergmann)
1972, Frankfurt am Main: Als Alfred Kleemann das Altenheim Zimmer seines verstorbenen Onkels David Bermann ausräumt, bereut er es den alten Mann, den seine Mutter so liebte, nicht öfter besucht zu haben. Seine Hinterlassenschaften und die Begegnung mit Davids alten Freunden bei dessen Beerdigung werfen Alfred zurück in eine Zeit, die er selbst, in der Nachkriegszeit geboren, nicht mehr erlebt hat. Als Einziger seiner jüdischen Familie überlebte David den Holocaust. In den rauen, ersten Nachkriegsjahren schloss er sich mit Männern zusammen, denen es ähnlich ergangen war und die nun, im besetzen Deutschland, dem Land der Feinde, Zuflucht suchten. Gemeinsam bauten sie sich ein Leben auf, fuhren bei Wind und Wetter durch die Stadt, um Weißwäsche und Aussteuerpakete an den Mann zu bringen. Sie waren die Teilacher und fanden das Unerwartete: Die Kraft wieder an Liebe und Zukunft zu glauben.
Auch wenn Michel Bergmanns 2011 erschienener Roman Die Teilacher erstmal eher unscheinbar daherkommt, erwartet einen hier eine wirklich schöne und interessante Geschichte. Die Erzählung spielt in den Jahren 1972 und in der Zeit von 1946 an, so, dass zwischen Alfreds Perspektive und der Perspektive von David und seinen Freunden immer wieder gewechselt wird. Über die jüdischen Teilacher wusste ich zuvor herzlich wenig, vieles war für mich neu und dadurch umso interessanter. Neben dem tollen historischen Einblick gefielen mir aber auch die Figuren und ihre jeweiligen Entwicklungen sehr: Es geht hier keineswegs nur ums Wäsche verkaufen, sondern um Freundschaft, Liebe, Zusammenhalt und die Suche nach einem Zuhause. Bergmanns Schreibstil hat mir sehr gefallen, er schreibt recht locker, erweckt die verschiedenen Charaktere schnell zum Leben und erzeugt sowohl gefühlvolle als auch lustige Momente. Ein Roman, der mich durch seinen interessanten, historischen Hintergrund, aber auch und vor allem durch die authentischen, liebenswürdigen Figuren und deren jeweilige Schicksale absolut überzeugen konnte.