Der Defekt (Leona Stahlmann)
Mina ist sechszehn Jahre alt, als sie dem achtzehnjährigen Vetko begegnet. Von da an ist nichts mehr, wie es war, denn Vetko entfacht in Mina Gefühle und Erkenntnisse über sie selbst, über die sie mit niemandem sprechen kann. Während die Mädchen aus ihrer Klasse, mit „normalen“ Teenagerproblemen zu tun haben, entdeckt Mina, dass sie vor allem Schmerz mit Lust verbindet und taucht gemeinsam mit Vetko in eine Synthese beider Welten ein, deren Intensität sich immer weiter steigert. Was sich anfühlt wie ein Defekt, ein Fehler im System, der Mina von den Bewohnern ihres beschaulichen Heimatdorfes trennt, wird für die junge Frau bald der Punkt, um den ihr Leben unaufhörlich kreist.
Sowohl in thematischer als auch in sprachlicher Hinsicht, habe ich bisher kein Buch gelesen, das man mit Der Defekt vergleichen könnte. Leona Stahlmanns Schreibstil ist sprachlich fantastisch und liest sich regelrecht poetisch. Das braucht viel Aufmerksamkeit und etwas Eingewöhnungszeit, hat mir letzten Endes aber sehr gut gefallen, auch, wenn es manchmal ein bisschen schwierig war, hinter all der schönen Sprache noch die Handlung zu verfolgen. Trotzdem: Ich habe mich dran gewöhnt und ich habe es gemocht. Ich finde, dass Leona Stahlmann das Thema der, von der Norm abweichenden Sexualität und der Suche nach (Selbst)-Akzeptanz, Identität und Heimat sehr authentisch und feinfühlig dargestellt hat. Mina habe ich mich schnell nahe gefühlt, während Vetko sehr auf Distanz blieb, was jedoch in meinen Augen zur Geschichte passte. Ein tiefgehender, fesselnder Roman, den ich all jenen ans Herz legen kann, die sich nicht vor einer sehr bildlichen Sprache und dem Blick über den Tellerrand scheuen.