Literatur

Jägerin und Sammlerin (Lana Lux)

Schon seit ihrer Kindheit steht Alisa unter dem ständigen Druck ihrer schönen, kämpferischen Mutter Tanya zu gefallen. Die Familie ist aus der Ukraine nach Berlin gekommen und Tanya immerzu damit beschäftigt sich zu integrieren und das möglichst Beste aus ihrer Umgebung herauszuholen. Aus Alisa aber lässt sich einfach nichts machen, sie ist zu dick, zu groß und hat keine nennenswerten Talente. Wofür ist Tanya also eigentlich hergekommen, wenn sie doch immer nur enttäuscht wird? Über die Jahre entwickelt Alisa eine schwere Essstörung, die vom Neid auf die dünne, anmutige beste Freundin noch verstärkt wird. Sie leidet an Bulimie, hat Fressattacken und erbricht sich danach regelmäßig. Während Alisa immer mehr die Kontrolle über ihr Leben verliert, will Tanya von den Problemen und Anschuldigungen ihrer Tochter nichts wissen. Erst als Alisa sich für eine stationäre Behandlung entscheidet, beginnt sie langsam zu sich selbst zurückzufinden…

Lana Lux‘ Kukolka gehörte dieses Frühjahr schon zu meinen absoluten Highlights. Glücklicherweise konnte mich Jägerin und Sammlerin ebenso von sich überzeugen. Lux‘ Erzählweise ist einerseits drastisch, andererseits feinfühlig und realitätsnah. Das Buch ist teils in Ich-Perspektive, teils aus der auktorialen Perspektive geschrieben, wobei erst vor allem Alisa, später aber auch Tanya im Fokus steht. Sowohl die Thematik Psychische Erkrankung als auch die äußerst problematische Mutter-Tochter-Beziehung wurden in meinen Augen authentisch und tiefgehend dargestellt. Alisa wuchs mir dabei sehr ans Herz und ich hätte sie viele Male gerne in den Arm genommen (was mir schon mit Samira aus Kukolka so ging). Ich habe mich hier absolut fesseln lassen, habe mitgefühlt, mitgefiebert und mit Spannung die Abgründe und Entwicklungen der beiden Figuren verfolgt. Jägerin und Sammlerin ist kein fröhliches, kein leichtes Buch. Trotzdem (oder gerade deshalb) halte ich es für absolut lesenswert und spreche eine große Empfehlung aus.