Die Gespenster von Demmin (Verena Keßler)
Larissa, nur Larry genannt, ist fünfzehn Jahre alt und lebt in Demmin in Mecklenburg-Vorpommern. Larrys Eltern sind getrennt, den Vater, einen LKW-Fahrer, sieht sie nur unregelmäßig, die Mutter bringt in verlässlichen Abständen neue Männer mit nach Hause, von denen der neueste Fang nun auch noch bei ihnen einziehen soll. Larissa ist von alldem reichlich genervt und konzentriert sich aus Trotz umso mehr darauf für ihren Traumjob zu trainieren: Sie will Kriegsreporterin werden. Außerdem verbringt sie viel Zeit auf dem Friedhof, wo sie Frau Ratzlow bei der Grabpflege hilft. Besonders fasziniert ist sie von dem Massengrab, in dem all jene liegen, die beim Massenselbstmord in Demmin im Jahr 1945 gestorben sind, eine dunkle Geschichte, die nicht nur Larissa verfolgt, sondern auch deren Nachbarin, die alte Frau Dohlberg, die damals selbst dabei war und beim Ausräumen ihres Hauses immer wieder an das Ereignis erinnert wird.
Für mich war Die Gespenster von Demmin ein besonderes und warmherziges Buch. Die Geschichte fokussiert sich auf die beiden Figuren Larry und Frau Dohlberg, wobei Larry die Ereignisse aus ihrer eigenen Perspektive schildert, Frau Dohlberg hingegen von einem auktorialen Erzähler begleitet wird. In Larry konnte ich mich sehr schnell hineinversetzen, ihre Sichtweise ist angereichert mit vielen Details, greifbaren Emotionen und all jenen kleinen und großen Fragen, die eine Jugendliche eben so beschäftigen. Auch wieso sich Larry so für eher morbide Themen, für Krieg und Tod, interessiert, wurde nach und nach immer nachvollziehbarer. Doch es geht hier nicht nur um das Erwachsenwerden und die erste Liebe, sondern auch um ernste Themen: Verluste und den Umgang mit diesen, Einsamkeit und natürlich um den damaligen Massensuizid und die Zeit im Nationalsozialismus. All das wurde sehr virtuos miteinander verknüpft und zu einer runden, ebenso alltäglich wie aufregenden Geschichte verwoben. Einzige Kritik: Larry wirkte auf mich oft jünger als 15, was mich etwas irritierte. Davon abgesehen, hat mir der Roman aber richtig gut gefallen.