Unsere verschwundenen Herzen (Celeste Ng)
Seitdem seine Mom spurlos verschwand, wohnt der zwölfjährige Bird zusammen mit seinem Vater auf dem Gelände der Harvard University, wo dieser in der Bibliothek angestellt ist. Drei Jahre lang hat er seine Mutter nicht gesehen, hat nichts von ihr gehört. Bis zu jenem Tag, als ein Brief für ihn eintrifft, der eine geheime Nachricht enthält. Doch die muss Bird erst einmal entschlüsseln und das ist gar nicht so leicht in einem Amerika, indem zahlreiche Bücher auf dem Index stehen, in dem Internetseiten gesperrt und Informationen von früher unauffindbar sind. Hinter den Zensuren steckt die Organisation PACT, die noch vor Birds Geburt zum Schutz der amerikanischen Kultur ins Leben gerufen wurde und die besonders gegen die Verbreitung chinesischer Einflüsse vorgeht. Verdächtige Personen werden von PACT beobachtet, Kinder aus Familien mit negativem Einfluss gnadenlos entfernt. Kann Bird die Spur seiner Mom aufnehmen und herausfinden, was ihr Abtauchen mit PACT zu tun hat?
Celeste Ngs vorherige Bücher habe ich mit großer Begeisterung gelesen. Meine Erwartungen an Unsere verschwundenen Herzen waren also hoch. Auch, wenn mir der Roman gut gefallen hat, wurde ich dieses Mal nicht ganz vom Hocker gerissen. Dass Celeste Ng antiasiatischen Rassismus zum Thema ihres Buches macht und dabei eine Welt voller Hass, Korruption und Informationskontrolle erschafft, empfand ich als hochaktuell, interessant und erschreckend realitätsnah. Auch die Perspektive von Bird, der mit PACT aufgewachsen ist und erst langsam beginnt die Zusammenhänge zu durchblicken, gefiel mir sehr. Celeste Ng schreibt gefühlvoll, findet meist treffende Worte und kreiert viele emotionale Momente, insbesondere zwischen Bird und seinen Eltern. Trotzdem blieben bei mir einige Fragen offen, einzelne Handlungen konnte ich nur schwer nachvollziehen. Die Kulisse wirkte auf mich insgesamt nicht ganz zu Ende gedacht und erreichte mich in der dystopisch angehauchten Umsetzung nicht so, wie ich es mir erhofft hatte. Wichtiges Thema, gut geschrieben, aber dieses Mal kein Highlight.