Literatur

Dann schlaf auch du (Leïla Slimani)

Myriam und Paul leben gemeinsam in Paris. Sie führen eine harmonische Beziehung, haben zwei zauberhafte Kinder: den einjährigen Adam und die vierjährige Mila. Als Myriam nach ihrer Elternzeit von einem Studienkollegen dazu ermuntert wird, wieder mit der Arbeit als Juristin zu beginnen, entbrennt in ihr der Wille Kinder und Beruf miteinander zu vereinen. Doch dafür braucht es eine Nanny, der das Paar vollends vertrauen kann. Die zierliche Louise tritt wie ein Engel in das Leben der Familie, sie kümmert sich nicht nur um die Kinder, sondern auch um den Haushalt, kocht fantastisches Essen und entwickelt zu Mila und Adam schnell ein inniges Verhältnis. Alles scheint perfekt, doch mit der Zeit schleicht sich ein seltsames Unbehagen in das Gefüge und die Fragen nach Louises Vergangenheit und ihren Hintergründen lassen Myriam nicht mehr los. Kann sie einer Frau, die letzten Endes doch eine Fremde ist, wirklich vertrauen?

Ähnlich wie in All das zu verlieren, das ich dieses Frühjahr gelesen habe, fällt in Leïla Slimanis Bestseller Dann schlaf auch du vor allem die feine psychologische Sichtweise und die kühle, distanzierte Erzählweise auf. Ich finde Slimanis Stil absolut fesselnd, sehr interessant, muss am Ende aber immer einen kleinen Punkt abziehen, weil mich die analytische Sichtweise emotional einfach nicht so kriegt. Aber von vorne: Der Roman beginnt am Ende, als die beiden Kinder bereits tot, von ihrer Nanny ermordet worden sind. Das ist kein Spoiler, der erste Satz lautet bereits „Das Baby ist tot“. Die Frage nach dem Wieso treibt diesen Roman maßgeblich voran, nach und nach werden die Figuren in ihren Persönlichkeiten sichtbarer, die Dynamik unter ihnen deutlicher, die Gesellschaftskritik, die Slimani hier unterschwellig anklingen lässt, lauter. Ich habe den Roman in einem Rutsch weggelesen und war bis zum Ende hin von der ganzen Stimmung und Entwicklung des Buches begeistert. Nur auf der Gefühlsebene hat mich das Ganze aufgrund des Stils nicht so erreichen können, die Frage ist, ob ein Buch das denn überhaupt immer tun muss.