Literatur

Das wirkliche Leben (Adeline Dieudonné)

Die namenlose Hauptfigur, ein zu Beginn 10-jähriges Mädchen wächst gemeinsam mit ihren Eltern und ihrem jüngeren Bruder Gilles in einer tristen Wohnsiedlung auf. Der Vater ist ein grausamer Tyrann, der sich die Zeit mit dem Jagen von Wildtieren vertreibt und eine Sammlung erlegter Raubtiere besitzt. Seine, nicht selten von physischer Gewalt begleiteten Wutanfälle machen das Zuhause der beiden Kinder zu einem bedrückenden Ort der Wahllosigkeit, während die Mutter völlig resigniert ihr Schicksal erduldet. Das Ziel des Mädchens ist es stets, die kindliche Unschuld ihres Bruders zu bewahren und ihn vor den Gewaltausbrüchen des Vaters abzuschirmen. Eines Tages jedoch, werden die Geschwister Zeugen eines schrecklichen Unfalls und etwas in Gilles zerbricht. Von da an, ist er nicht mehr derselbe, und etwas Düsteres wächst in ihm heran, das von der Hauptfigur nur „Das Geschmeiß“ genannt wird. Doch seine Schwester gibt die Hoffnung nicht auf, versucht alles um ihren Bruder zu retten und sich vom Vater nicht zum Opfer machen zu lassen…

Das wirkliche Leben ist kein Buch für Zartbesaitete. Explizite und schonungslose Darstellungen physischer und psychischer Gewalt haben einen nicht unwesentlichen Anteil an der Geschichte! Trotz der Tatsache, dass es sich somit nicht gerade um ein Wohlfühlbuch handelt, konnte mich Das wirkliche Leben absolut von sich begeistern. Ich habe diesen Roman innerhalb eines Tages ausgelesen, war wie hypnotisiert und konnte das Buch nicht bei Seite legen. Die namenlose Hauptfigur wächst einem sofort ans Herz, ich habe sie für ihren Mut, für ihre Tatkräftigkeit und die Liebe zu ihrem Bruder bewundert und hätte sie viele Male gerne in meine Arme geschlossen. Adeline Dieudonné schreibt wunderschön, ehrlich und mitreißend. Sie haucht der trostlosen Welt des Mädchens Leben ein, lässt den Leser ihre Angst, aber auch ihre Hoffnung spüren und packt einen damit von Anfang bis Ende. Auch an Spannung fehlte es mir an keiner Stelle, es gibt hier keinerlei Längen oder auch nur eine Seite zu viel. Für mich ein tief bewegendes, teils schockierendes Buch, das mich begeistert hat und noch lange beschäftigen wird.