Milena und die Briefe der Liebe (Stephanie Schuster)
Prag 1916: Milena Jesenská, die Tochter des Arztes Jan Jesenská, ist gerade 20 und genießt ihre Jugend, trotz des ersten Weltkriegs in den Kaffeehäusern, Theatern und Bibliotheken Prags. Als sie den Literaturkritiker Ernst Pollak kennen lernt und sich in diesen verliebt, protestiert Milenas Vater gegen die Verbindung. Er verbannt Milena von zuhause, woraufhin Milena und Ernst als Eheleute nach Wien ziehen. Doch in Wien ist Milena einsam, der Mann, den sie zu lieben glaubte, versackt in den Künstlerkreisen der Stadt und würdigt Milena keines Blickes mehr. Auf sich allein gestellt beginnt die junge Frau sich selbst ein Leben aufzubauen, indem sie Texte für das Feuilleton und Übersetzungen deutscher Schriften ins Tschechische publiziert. Angefeuert wird sie dabei durch die Brieffreundschaft zum Schriftsteller Franz Kafka, den sie bereits in Prag kennen lernte. Die Verbindung entwickelt sich bald zu mehr und ein reales Treffen wird zu Milenas größtem Wunsch. Doch kann ihre Liebe im echten Leben bestehen?
Milena und die Briefe der Liebe (diesen Untertitel hätte es für mich jetzt nicht gebraucht) hat mir überraschend gut gefallen. Ich wusste so gut wie gar nichts über Milena Jesenská und war beeindruckt von ihrer Lebensweise, ihrem Schaffen und ihrer fortschrittlichen Art. Die Biographie der tschechischen Journalistin liest sich nicht lustig, nicht nur hatte sie es schwer im Leben, auch endete dieses frühzeitig im KZ Ravensbrück. Stephanie Schuster ist es gelungen einen glaubhaften, interessanten und unterhaltsamen Einblick in ihr Leben zu geben, wobei sich die Geschichte im Wesentlichen auf die Zeit zwischen 1920 und 1926 fokussiert. Der Schreibstil ist recht locker, trotzdem bekommt man ein Gefühl für die Zeit und nimmt einiges Wissenswertes mit. Auch fand ich die Darstellung Kafkas gelungen, ich selbst stelle es mir schwer vor diesen, wohl doch sehr komplizierten, schwer zu lesenden Mann in ein belletristisches Buch zu packen, aber wie gesagt: hat die Autorin gut hinbekommen. Ein schönes, „leichtes“ Buch, das mit viel historischem Hintergrundwissen aufwartet.