Historischer Roman Literatur

Penelope und die zwölf Mägde (Margaret Atwood)

Laut der Odysseus Sage von Homer war Penelope eine spartanische Prinzessin, die als junge Frau vom späteren Helden Odysseus zur Frau genommen wurde. Kurz nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes Telemachos, begibt sich Odysseus in die Schlacht um Troja und verirrt sich auf dem Heimweg so sehr, dass er erst zehn Jahre später nach Ithaka zurückkehrt. In der Geschichte wird Penelope als geduldige, treue Ehefrau und Mutter dargestellt, die genügsam auf ihren Gatten wartete. Doch was würde Penelope selbst über ihr Leben erzählen? Über die Beziehung zu ihrem Mann und den Druck, der auf ihr lastete? Über ihre zwölf Mädge und deren grausamen Ermordung? Was hätte sie zu berichten, über ihre Cousine, die Skandalnudel Helena und das intrigenbehaftete Leben am Hof? War Penelope tatsächlich das Sinnbild weiblicher Untergebenheit? Oder steckt hinter der von Homer vielmehr unscharf gezeichneten Frau eine ganz andere Persönlichkeit?

In ihrem bereits 2005 erschienenen Roman Penelope und die zwölf Mägde schlüpft Margaret Atwood erzählerisch in die Rolle von Penelope und lässt diese ihre eigene Geschichte erzählen. Dabei geht es nicht nur um das Warten auf Odysseus, sondern auch um Penelopes Kindheit, die Beziehung zu ihrem Sohn, ihr Leben am fremden Hof und das oft ambivalente Verhältnis zu den zwölf Mägden, die letztlich den Tod finden. Ich fand die Idee grundsätzlich spannend und den ungewöhnlichen Zugang zur bekannten Odysseus Sage informativ und originell gleichermaßen. Penelope bekommt erstmals ein richtiges Profil, zeigt sich authentisch, nahbar und so viel vielschichtiger als in Homers Werk. Auch die immer wieder eingeschobenen, von antiken Dramen inspirierten Chor-Gesänge der Mädge, lasen sich echt gut und sorgen für etwas mehr Kontext. Etwas nervig fand ich allerdings die so betont lockere, moderne Sprache. Das wirkte auf mich manchmal etwas zu erzwungen. Außerdem fiel es mir schwer, am Ende eine richtige Botschaft aus dem Text zu ziehen. Die Umkehrung der Perspektive ist schön, aber ich hatte den Eindruck, dass man da noch mehr in die Tiefe hätte gehen können. Gutes Buch, aber kein Oberknaller.